
Trek Stache 9 29+ im ersten Test: Ein wenig rastlos scheint die Fahrradindustrie. So haben sich viele gerade erst an 27,5″ als Ablösung des 26″ Standards am Mountainbike gewöhnt, da legt Trek – einst Pionier bei den 29″ Laufrädern – mit 29+ eine Schippe nach. Das auf dem Sea Otter Classic Festival vorgestellte Trek Stache Hardtail fährt mit 3″ breiten Reifen auf 29″ großen Felgen vor und wird so zu einem der ersten Vertreter (in Großserie) einer weiteren speziellen Laufradgröße. Wie sich die neuen Plus-Laufräder auf dem Trail anfühlen und wie insgesamt der erste Eindruck dieses doch recht radikalen Bikes gewesen ist, fassen wir in diesem ersten Test für euch zusammen. Mit der Einschätzung der Plus-Größen hat sich bereits unser Test-Chef Maxi Dickerhoff beschäftigt [zum Artikel], der zweite Teil dazu folgt in Kürze.

Erster Test: Trek Stache 9 29+
Im Stand
An diesen Anblick müssen wir uns erst mal gewöhnen: 3″ breite Reifen auf einer 29″ (eigentlich ja 28″…) Felge sind kaum mit einem normalen 29er zu verwechseln. Ein bisschen wie ein höher gelegtes Fatbike kommt das neue Trek Stache daher und doch ist es optisch wesentlich stimmiger als die ganz dicken Brüder mit den kleineren Reifen. Das liegt zu einem guten Stück daran, dass man sich mittlerweile an den Look der extrem dicken Reifen gewöhnt hat – nun erscheinen weniger dicke, aber größere Reifen fast schon normal.
Steckt da eventuell eine Strategie der Industrie dahinter? Wir wissen es nicht und werden es auch nicht unbedingt erfahren, doch die schnellen Wechsel zwischen den Reifengrößen zeigen einerseits, dass niemand so recht weiß wohin die Reise geht und andererseits, dass es wohl kein finales Richtig oder Falsch gibt. Auch eine Erkenntnis – nur leider zu Lasten des Kundens.

Nun also 29+. Mit 177 cm Körpergröße wähle ich das Rad in Größe 17,5″ und lasse mir für den Start 1,3 Bar Reifendruck an Front und Heck einfüllen. Ablassen geht immer, präzise aufpumpen auf dem Trail eher nicht. Auf dem Weg zum Mietwagen schaue ich mir das Bike in Ruhe an. 420 mm sind die Kettenstreben kurz und optional (bei Verwendung eines 27,5″ Laufrades –> 27+) können sie auf 405 mm verkürzt werden.
Möglich wird diese kurze Kettenstrebe durch den Verzicht auf einen Umwerfer (dieses Bike ist also nur mit 1-fach Kurbel aufbaubar) wodurch die Kettenstrebe auf der Antriebsseite nach oben bewegt werden kann und so Platz für das Kettenblatt macht, das von oben gesehen neben dem Hinterreifen verläuft. Diese Überschneidung ist notwendig, um derart kurze Kettenstreben (der Standard bei 26″ ist lange Jahre 425 mm gewesen) zu erreichen. Gleichzeitig sorgt die angehobene Strebe auch dafür, dass dieses Rad sehr unverwechselbar ist und zusammen mit den großen Laufrädern tatsächlich auch als Hardtail auffällt – und das obwohl das Topmodell Stache 9 in schlichtem Schwarz daher kommt.







Für ein Topmodell ist das Rad relativ gut ausgestattet, wobei der Preis mit fast 4.000 € auch hoch angesetzt ist. So findet sich an der Front eine der neuen Manitou Magnum 34 Pro mit 110 mm Federweg, als Laufradsatz kommen die neuen breiten SUNringlé MULEfüt Felgen mit DT Swiss 350er Naben zum Einsatz. An unserem Testbike ist für das Sea Otter ein etwas leichterer Laufradsatz aus dem Hause Bontrager montiert gewesen, der mit dazu beigetragen hat, dass das Gewicht ohne Pedale bei 12,1 kg gelegen hat. Die Schaltung stellt die Sram X1 11-Gang Gruppe bereit und eine KindShock eThirty Integra Sattelstütze bietet eine vom Lenker verstellbare Sattelhöhe. Gebremst wird mit Shimano XT Scheibenbremsen, die weiteren Anbauteile stellt die Hausmarke Bontrager bereit.





Ausstattung Trek Stache 9

Rahmen: Alpha Platinum Aluminum, E2 tapered head tube, internal derailleur & dropper post routing, PF 92, Midstay, Boost148, Stranglehold dropouts, G2 Geometry
Gabel: Manitou Magnum 34 Pro, air spring, E2 tapered steerer, Boost110, G2 Geometry w/51mm offset, 110mm travel
Vorderradnabe: DT Swiss 350 centerlock disc, Boost110
Hinterradnabe: DT Swiss 350 centerlock disc, Boost148
Felgen: SUNringlé Mulefüt, 50 mm 32-hole w/cutouts
Reifen: Bontrager Chupacabra, Tubeless Ready, aramid bead, 29 x 3.0″
Schalthebel: SRAM X1, 11 speed
Schaltwerk: SRAM X1, Type 2
Kurbel: SRAM X1 1400, 30T X-Sync
Kassette: SRAM XG-1175, 10-42, 11 speed
Kette: SRAM PC 1130
Sattel: Bontrager Evoke RXL, hollow Ti rails
Sattelstütze: KS eThirty Integra, remote lever, 2-bolt head, 31.6mm, zero offset, internal routing
Lenker: Bontrager Rhythm Pro, OCLV Carbon, 31.8mm, 15mm rise
Vorbau: Bontrager Rhythm Pro, 31.8mm, 7 degree
Steuersatz: FSA IS-2, E2, sealed alloy cartridge
Bremsen: Shimano Deore XT hydraulic disc
Griffe: Bontrager Race Lite, lock-on
Preis: $3.879,99 (UVP, USA. Preis für Deutschland noch nicht bekannt)
Farbe: Matte Trek Black
Gewicht: 12,1 kg (Größe 17,5″, ohne Pedale, mit Bontrager Laufradsatz abweichend von oben beschriebener Ausstattung)
Größen & Geometrie
Das Trek Stache wird in fünf verschiedenen Rahmengrößen angeboten: 15.5, 17.5, 18.5, 19.5 und 21.5″
Auf dem Trail
Für unseren ersten Test der neuen Laufräder und des neuen Trek Stache 9 Hardtails haben wir in den Hügeln hinter Monterey gute Bedingungen vorgefunden. Die 29+ Laufräder sollen gegenüber herkömmlichen Laufrädern Vorteile bei der Traktion und dem Komfort bieten, sodass uns die relativ flachen, technisch einfachen aber sandigen Trails gerade recht gekommen sind. Immer wieder durchziehen hier Steine den Trail und sich ständig abwechselnde Up- und Downhills sollten dabei helfen, ein erstes Gefühl für das Rad zu bekommen.

Bergauf zeigt sich, dass die Räder zwar definitiv träger sind als kleinere, dünnere Laufräder, doch im Vergleich zu einem Fatbike geht es hier sehr dynamisch voran und das Rad hüpft wesentlich weniger als beispielsweise die 4″ breiten Fatties. Stattdessen bieten die Bontrager Reifen bei 1,3 Bar Reifendruck eine sehr gute Traktion und knicken in Kurven nicht weg. Hier zeigt sich relativ schnell ein Kompromiss, den man eingehen muss: Stabilität im Fahrverhalten oder maximale Dämpfung? Gefühlt würden die Reifen auch mit 1,0 Bar Druck noch gut arbeiten und eventuell noch komfortabler abrollen, doch als wir den Druck absenken, wird auf dem harten Boden in schnellen Kurven die Kontrolle merklich verschlechtert. Hier würde z.B. ein härterer innerer Kern wie bei Schwalbes ProCore Sinn machen, doch müsste der für einen 3″ Reifen auch wesentlich größer und mit mehr Volumen ausgestattet sein.


Insgesamt macht das Trek Stache 9 dennoch richtig Spaß. Das Rad ist agil, lässt sich dank der kurzen Kettenstreben leicht aufs Hinterrad ziehen und kann auch überzeugen, wenn es ganz den Boden verlassen hat. Das alles überschattende Gefühl ist jedoch, dass die Welt wie durch eine matte Glasscheibe wahrgenommen wird. Kleine Unebenheiten und Vibrationen werden von den Reifen lange geschluckt, bevor sie den Fahrer erreichen. Das steigert den Komfort und reduziert doch das Feedback, so dass einem alles langsam und ja – langweiliger – vorkommt. Hier entsteht in gewisser Hinsicht ein Ungleichgewicht zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit: man fährt das Rad träger, als es sich eigentlich bewegen lässt.

Damit stellt sich die Frage, für welche Zielgruppe die extrabreiten und doch schmalen Reifen eigentlich gemacht sind. Wer Wert auf Komfort, Traktion und Fahrsicherheit legt, findet mit diesen Reifen definitiv das bessere Rad. Ich persönlich habe bereits mit normalen Reifen keine Probleme und bin zumindest bis jetzt noch an das gewohnt, was ich über die Jahre schätzen und handhaben gelernt habe. Für Einsteiger und – ich nenne sie mal so – Genusstourer ist das Trek Stache 29+ damit definitiv ein sehr gelungenes Rad. Es nimmt sandigem, losen Untergrund den Schrecken und klettert selbst steile Passagen problemlos hoch. Dazu verzeiht es mit den breiten Reifen mehr Fahrfehler und auf der Bremse stellt es so manches Downhill-Bike in den Schatten.


Wer sich gefragt hat, ob die dicken Reifen im Downhill eventuell ein Fully ersetzen können, wird leider zur Kenntnis nehmen müssen, dass ich dieses Fazit nach der ersten Testrunde nicht ziehen kann. Obwohl die Trails insgesamt technisch einfach gewesen sind, ist der Nachteil eines ungefederten Hinterrades im Vergleich zu einem gefederten Vorderrad doch spürbar gewesen. Die dicken Reifen mögen zwar einiges an Dämpfungsarbeit leisten, doch eine echte Federung mit einstellbarer Zugstufe haben wir hier nicht. Ähnlich unserem großen Fatbike Vergleichstest zeigt sich, dass auch mit dicken Reifen ein gleichmäßig gefedertes Fahrwerk die schnellere Alternative ist.

Erster Eindruck: Trek Stache 9
Auf den sandigen, harten Böden in den Hügeln hinter Monterey ist das Trek Stache 9 in seinem Element gewesen. Die dicken Reifen bieten viel Traktion und Komfort und die Geometrie mit den sehr kurzen Kettenstreben lädt zum Spielen ein. Dennoch wirkt durch die Eigenschaften der breiten, weich aufgepumpten Reifen alles wie durch einen Filter. Ob sich dieser positive Eindruck jedoch auch in ruppigerem, steileren Gelände wie beispielsweise den Alpen einstellt, kann nach unserer ersten Testfahrt noch nicht gesagt werden. Damit erscheint 29+ zunächst einmal nur als weitere Option in der großen Auswahl an Fahrrädern und nicht wie eine Revolution, die das Hardtail zurück an die Spitze der Fortbewegungspyramide führt.
Weitere Informationen
Trek Homepage
Text & Redaktion: Tobias Stahl | MTB-News.de
Testfahrer: Tobias Stahl, Kai Christian
Fotos: Tobias Stahl, Kai Christian, Thomas Paatz
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